Ingenieurbranche drängt auf Aktionen gegen Fachkräftemangel
VBI-Forderungen beim Branchendialog der Bundesregierung
Auf Einladung von Oliver Luksic, Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesverkehrsministerium, sind am 10. Januar 2024 die Verbände der Planungs- und Bauwirtschaft zusammengekommen, um über Wege aus dem Fachkräftemangel zu sprechen. Gemeinsam sollen Handlungsfelder identifiziert werden, in denen die Bundesregierung die Unternehmen konkret unterstützen kann. VBI-Hauptgeschäftsführer Sascha Steuer machte deutlich, dass es ein Bündel an Maßnahmen braucht, um sowohl kurz- als auch mittelfristig den Personalbedarf zu decken.
Attraktivität von MINT-Fächern in Schule und Gesellschaft
Der Branchendialog bot Anlass zu zeigen, was die Branche bereits leistet: So erscheint das Pixibüchlein „Meine Tante ist Bauingenieurin“, das sich an Kinder im Vor- und Grundschulalter richtet, Bereits in der fünften Auflage. Der VBI hat das Pixi-Buch gemeinsam mit der Bundesingenieurkammer, dem BDB und dem BVPI erstellt und in den vergangenen fünf Jahren rund 70.000 Exemplare produziert und verteilt. Auch das Pixi-Buch “Ich habe eine Freundin, die ist Geodätin”, ist in kleinerer Auflage entstanden und nahezu ausverkauft.
Im Jahr 2023 hat der VBI die größte Imagekampagne für den Bauingenieurberuf seit Jahrzehnten gestartet. Zehn authentische Ingenieurinnen und Ingenieure aus den VBI-Mitgliedsunternehmen zeigen hier ihre Begeisterung für den Beruf und die gesellschaftliche Relevanz ihrer Aufgaben. Die Kampagne soll 2024 mit einem Schwerpunkt auf Nachwuchsgewinnung vertieft und fortgesetzt werden.
Die VBI-Kampagne zielt darauf ab, Stereotypen zu durchbrechen und ein modernes, attraktives Bild der Ingenieurberufe zu vermitteln. Indem positive und realitätsnahe Einblicke in die Berufsfelder gezeigt werden, erhöht sich das Interesse junger Menschen an MINT-Fächern und wirkt den sinkenden Studierendenzahlen im Bauingenieurwesen entgegen. Dies ist nicht nur für die individuelle Karriereentwicklung der Jugendlichen von Bedeutung, sondern auch für die Sicherung des zukünftigen Fachkräftebedarfs in der Planungsbranche.
Gemeinsam mit der Partneragentur wird der VBI in diesem Jahr ein „Schulpaket“ konzipieren, in dem junge Studierende an den Schulen für das Berufsbild werben. Für die Durchführung der bundesweiten Schulbesuche und der Produktion zielgruppenadäquater Werbematerialien warb VBI-Hauptgeschäftsführer Sascha Steuer bei Staatssekretär Luksic um finanzielle Unterstützung seitens des Bundesministeriums.
Motivation zur Arbeit im Ingenieurunternehmen
Als weiteres zentrales Anliegen wurde die dringend notwendige Erhöhung der Honorare für Planungsleistungen im Rahmen der aktuellen HOAI-Novellierung benannt. Die Anpassung ist nicht zuletzt im Kontext des Wettbewerbs zu sehen, in dem die Planungsunternehmen mit öffentlichen Arbeitgebern und großen Auftraggebern stehen und um die fähigsten Köpfe konkurrieren. Hier sieht sich die Planungsbranche mit einer Situation konfrontiert, in der die öffentliche Hand ebenso wie große Unternehmen durch attraktive Gehaltsstrukturen, Urlaubsregelungen und Arbeitszeiten qualifizierte Fachkräfte anzieht. Dieses Ungleichgewicht gefährdet die Wettbewerbsfähigkeit der Planungsunternehmen, die ohne angemessene Anpassung der Honorare Schwierigkeiten haben, talentierte Mitarbeiter zu gewinnen und zu halten. Hinzu kommt, dass die Gehälter von Bauingenieuren deutlich unter denen anderer Ingenieurberufe liegen.
Eine Anhebung der Honorare würde nicht nur dazu beitragen, die finanzielle Attraktivität einer Tätigkeit in der Planungsbranche zu steigern, sondern auch sicherstellen, dass Planungsbüros weiterhin in der Lage sind, in Qualität, Innovation und Professionalität zu investieren. Dies ist umso wichtiger, da die Anforderungen an Planungsleistungen stetig steigen und zunehmend komplexer werden. Eine angemessene Honorierung ist somit unerlässlich, um hochqualifizierte Fachkräfte zu gewinnen und die langfristige Nachhaltigkeit der Planungsbranche zur Erreichung der Klimaziele zu sichern.
VBI-Hauptgeschäftsführer Sascha Steuer appelliert daher an die Berücksichtigung dieser Aspekte bei der anstehenden Novellierung der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI), um ein faires und wettbewerbsfähiges Umfeld für alle Beteiligten zu schaffen.
Fachkräfteeinwanderung ermöglichen
Eine weitere Säule zur Bewältigung des Fachkräftemangels liegt in der effektiven Integration von Fachkräften auch aus dem außereuropäischen Ausland. Häufig stehen die einzigartigen deutschen Regel- und Normenwerke einer zügigen Übernahme komplexer Aufgaben entgegen. Insbesondere kleinere Ingenieurunternehmen sind überfordert, eine zügige Schulung und Einarbeitung aus eigener Kraft zu leisten. Die Bundesagentur für Arbeit bietet zwar bereits fachspezifische Sprachkurse an, Sascha Steuer regt darüber hinaus an, dass „die großen deutschen Hochschulen gegebenenfalls gemeinsam mit dem BMDV ein Aufbauprogramm zum Erlernen des deutschen Regel- und Normenwerks entwickeln“ und bietet an, dass der VBI ein solches Programm mit seiner Praxisexpertise unterstützend begleitet.
Aus Sicht der Ingenieurunternehmerinnen und -unternehmer können die empfohlenen Maßnahmen einen wesentlichen Beitrag dazu leisten, die Planungsbranche auch für die Zukunft wirksam zu stärken. Angesichts der Herausforderungen, die sich unter anderem bei Erhalt und Ausbau der Infrastruktur, beim Wohnungsbau, der Energiewende oder der Umstellung auf eine nachhaltige, digitalisierte und effiziente Planung im Bauwesen stellen, ist dies notwendiger denn je.